Bürger-Uni greift die neuesten Themen auf
Die Kooperationspartner möchten mit diesem Format Wissen und Wissenschaft für alle zugänglich machen. Die Auswahl der Vorträge orientiert sich an Themen, die für unsere Gesellschaft aktuell von Interesse und für die Wissenschaft relevant sind. Damit steht der Bildungscampus nicht nur Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden offen, sondern soll mit der Bürger-Uni auch Heilbronner Bürgerinnen und Bürger sowie alle wissenschaftlich Interessierten aus der Region und aus allen Altersgruppen begeistern.
Gesellschaftlichen Ängsten, ob Künstliche Intelligenz „uns Menschen töten oder Arbeitsplätze wegnehmen wird“, tritt Katharina Zweig, Professorin für Informatik an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern, bei der Bürger-Uni von TUM Campus Heilbronn, Heilbronner Stimme und Dieter Schwarz Stiftung klar entgegen.
Zum einen weise die Maschine keine dem Menschen vergleichbare Intelligenz auf und es fehle ihr die Fähigkeit, sich an eine sich verändernde Situation anzupassen, sagt die Informatikerin Mitte November bei der Veranstaltung auf dem Bildungscampus Heilbronn zum Thema „Sind Maschinen die besseren Entscheider?“. Zum anderen werde sich die Arbeitswelt zwar weiter verändern, aber nicht auf die Weise, dass Maschinen den Menschen bei allen Prozessen ersetzen. „Es wird neue Jobs geben, und bei den alten Jobs wird sich nicht so viel automatisieren lassen, wie man denkt“, sagt Zweig im Talk mit Moderator und Stimme-Redakteur Tobias Wieland. Ihrer Einschätzung nach wird die Maschine wahrscheinlich 80 Prozent der Routineprozesse übernehmen, die schon immer 20 Prozent der Zeit gekostet haben.
Es braucht den Menschen hinter der Maschine
KI als nützlicher Alltagshelfer, nicht als Superintelligenz, der man blind vertrauen sollte – so lässt sich Zweigs Position auf den Punkt bringen. Die Informatikerin lotet die Grenzen der Anwendung von Künstlicher Intelligenz, vor allem von Sprachmodellen, aus. Dabei gibt sie dem Publikum eine Empfehlung mit: Keinesfalls solle KI dazu benutzt werden, Entscheidungen zu treffen, Risikovoraussagen zu machen oder Bewertungen von Schulaufsätzen zu generieren. Auch nicht von akademischen Essays, wie es bereits im Wissenschaftsbetrieb geschieht, wie Mit-Gastgeberin Luise Pufahl, Professorin für Information Systems am TUM Campus Heilbronn, in ihrer Begrüßung erwähnt.
Warum aber sind Maschinen nicht die besseren Entscheider? Vor allem weil ihre Entscheidungen nicht zuverlässig seien: Häufig lasse sich nicht nachvollziehen, wie sie entstehen. „Der Computer, die Maschine, das System. Das ist Technologie, da ist kein Wesen dahinter“, erklärt Bundesverdienstkreuz-Trägerin Zweig ihren Blickwinkel. Für sie braucht es immer noch den Menschen hinter der Maschine, der die Verantwortung übernimmt.
Bewertungen ohne inhaltliches Verständnis
Beispiel Sprachmodelle: Wird ein Sprachmodell dazu verwendet, einen konkreten Aufsatz zu bewerten, generiert es einen Text, der zwar aussieht wie eine Bewertung, aber keinem Werturteil entspricht. Dies liegt daran, dass die Maschine darauf trainiert wurde, Strukturen wie Wortauswahl und Satzlänge in einem Text zu messen. Anhand dieser Kriterien, die noch nichts über den Inhalt aussagen, wird die Benotung des Textes generiert. Das zeigt sich auch daran, dass bei einem entsprechenden Experiment sämtliche Verbesserungsvorschläge der KI überhaupt nicht zum konkreten Text gepasst hätten, so erklärt Katharina Zweig.
Beispiel Beschwerdebot: Die Wissenschaftlerin erzählt, wie sie sich in einem Fall als vermeintliche Kundin ausgegeben hat, dann im Beschwerdevorgang nach ihrer Telefonnummer gefragt worden ist. Dabei wurde sie aufgefordert, eine amerikanische Nummer einzugeben. „Ich habe gesagt, ich komme aus Europa, unsere Telefonnummern sind anders“, berichtet die Professorin. „Daraufhin forderte mich die Maschine auf: Gib mir einfach die letzten zehn Ziffern.“ Die Ausnahme – europäische Kundin – sei für diese Kommunikation nicht bedacht worden. Ihr Anspruch ist es, schlecht gemachte Software zu verhindern oder aufzuzeigen, wenn gut gemachte Software falsch eingesetzt wird. Der Rat der Expertin: „Verwenden Sie nur KI-Systeme, deren Qualität sie überprüfen können.“
Wie drängend das Thema des Abends ist, zeigt ein aktuelles Beispiel: Ausgerechnet am Tag der Bürger-Uni von TUM Campus Heilbronn, Heilbronner Stimme und Dieter Schwarz Stiftung zum Thema „Lässt sich die Klimakatastrophe noch verhindern?“, wird in Heilbronn eine Hitzewarnung ausgerufen. Und doch verbreitet Gastredner Prof. Mojib Latif, den Gastgeberin Luise Pufahl, Professorin für Information Systems am TUM Campus Heilbronn, als „einer der renommiertesten Klimaforscher aus Deutschland“ ankündigt – Optimismus: „Ich könnte es kurz machen, ,ja‘ sagen und wieder gehen“, nimmt der studierte Meteorologe und habilitierte Ozeanograph die Antwort auf die übergeordnete Frage des Abends vorweg. Nur um bei der Veranstaltung auf dem Bildungscampus Heilbronn gleich einzuschränken: „Man kann mit Physik nicht verhandeln und Kompromisse schließen. Die Physik – wie auch das Klima und die Natur insgesamt – folgt ihren eigenen Gesetzen.“
Dramatische Auswirkungen
Der globale Klimawandel ist in vollem Gange und seine Auswirkungen sind auch in Deutschland spürbar: Dürre verursacht Ernteausfälle, Waldschäden und Waldbrände, die verkohlte Landschaften wie in einigen Regionen Ostdeutschlands hinterlassen. Starkregen führt zu Flutkatastrophen wie im Ahrtal, gleichzeitig steigt der Meeresspiegel in Nord- und Ostsee an. Nicht zuletzt haben die extremen Temperaturen auch dramatische Auswirkungen auf die Gesundheit: Allein in Deutschland gibt es jedes Jahr Tausende Hitzetode zu beklagen. Trotz dieser nicht zu übersehenden Entwicklungen hat das Leugnen des Klimawandels eine lange Geschichte.
Günstige Voraussetzungen
Aus welchen Gründen aber bleibt Latif trotz allem optimistisch? Er ist überzeugt, dass es gelingen kann, die Erderwärmung zumindest auf 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die Voraussetzungen seien vorhanden: Erneuerbare Energiequellen im Überfluss sowie Technologie, Know-how und finanzielle Mittel, um diese Quellen zu nutzen.
„Warum sollten wir etwas tun und warum haben wir der Welt auch schon einen großen Dienst erwiesen?“, fragt er das Publikum und gibt selbst die Antwort: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz der Bundesregierung von 2000 habe die Entwicklung und Anwendung nachhaltiger Energien weltweit in Gang gesetzt. Heute kommt allein in Deutschland mehr als die Hälfte des Stroms in Deutschland aus nachhaltigen Energiequellen. „Hätten wir damals nicht angefangen, würden die erneuerbaren Energien heute nicht weltweit boomen. Das zeigt: Auch ein kleines Land wie Deutschland kann einen Impact haben“, ist sich Latif sicher.
Mehr Mut und Entschlossenheit
Seine Wünsche an Politik und Bevölkerung schildert Latif anschließend im Talk mit Moderator und Heilbronner-Stimme-Redakteur Tobias Wieland: Die Politik solle sich endlich von ihrem Schlingerkurs verabschieden und stattdessen einen Konsens in Klimafragen treffen und langfristig durchhalten. Es brauche mehr Mut: „Man muss immer erstmal anfangen. Bei 80 Millionen Menschen ist so viel Intelligenz vorhanden, da kriegt man alles gebacken.“ Und nicht zuletzt: „Wir sollten kein Volk von Bedenkenträgern werden und jede Veränderung ablehnen. Wenn wir uns nicht verändern, werden wir verändert – und zwar zu unserem Nachteil.“
Alarmierende Aussichten schildert Prof. Simone Linke ihrem Publikum bei der Bürger-Uni auf dem Bildungscampus Heilbronn: „Es wird immer wärmer“, sagt die Professorin für Stadtplanung und Landschaft an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf bei der von TUM Campus Heilbronn, Heilbronner Stimme und Dieter Schwarz Stiftung gemeinschaftlich organisierten Veranstaltung, die von Tobias Wieland moderiert wird. Eine Deutschlandkarte, die die durchschnittliche Anzahl von Hitzetagen pro Jahr gegen Ende des 21. Jahrhundert prognostiziert, zeigt ausgedehnte rote Flächen: „Vor allem im Süden und Südwesten wird es wahnsinnig heiß.“ Wenn gleichzeitig die Bevölkerung zunimmt, ist man schnell in einem Teufelskreis aus zunehmender Versiegelung der Städte und umso rasanter ansteigenden Temperaturen gefangen.
Die möglichen Folgen: Immer mehr Menschen sterben durch Hitze, die Belastung durch UV-Strahlen nimmt weiter zu, während die Luftqualität schlechter wird und sich Pollenallergien verschlimmern. Gleichzeitig kommt es häufiger zu Starkregen, der sich mit ausgedehnten Trockenperioden abwechselt.
Weniger Grau, mehr Grün
Doch Linke ist nicht gekommen, um das Publikum zu verunsichern, sondern um Lösungen zu präsentieren. „Das sind alles große Herausforderungen, denen wir aber gut begegnen können“, sagt sie und erklärt wie: Unter dem Motto „Grün in der Stadt“ stellt die Wissenschaftlerin das Konzept der „Dreifachen Innenentwicklung“ vor.
Zunächst einmal gehe es darum, die Städte nicht immer weiter auszudehnen, sondern zu verdichten und sogenannte Graue Energie, die für den Bau von Häusern verbraucht wird, einzusparen. Dabei sei es wichtig, bestehende Gebäude zu nutzen und gegebenenfalls zu sanieren statt sie abzureißen. Linke empfiehlt, so weit wie möglich auf erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe zu setzen.
Die zweite Dimension umfasst das Sichern und Weiterentwickeln von Grünflächen. Pflanzen seien wahre Multitalente, die sich positiv auf die physische und psychische Gesundheit und die Biodiversität auswirken und nicht zuletzt auch das Klima regulieren.
Weniger Autos, mehr Carsharing
In der dritten Dimension geht es um klimafreundliche Mobilitätskonzepte mit weniger Autos und mehr öffentlichem Nahverkehr, Fuß- und Radwegen sowie Car- und Bikesharing-Angeboten. Da Bäume oft erst nach 50 Jahren eine spürbare Kühlwirkung entfalten, seien kurz- und mittelfristig andere Lösungen effektiver: „Wir müssen versuchen, unsere Städte autoärmer umzubauen.“ Ganz entscheidend sei es, die Zahl der Stellplätze zu reduzieren.
Zum Abschluss gibt die Forscherin ihrem Publikum noch die prägnante „3 - 30 - 300“-Faustregel mit auf den Weg: Von jedem Ort in der Stadt aus sollte man mindestens drei Bäume sehen können. 30 Prozent der Stadtfläche sollten von Baumkronen überdeckt sein. Und schließlich: Die nächste Park- oder Grünfläche sollte nicht weiter als 300 Meter entfernt sein.
Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt sein können: In den USA gewinnt ein Rechtspopulist die Präsidentschaftswahl. In Berlin zerbricht die Ampelkoalition am Streit zwischen den Parteien. Und bei der Heilbronner Bürger-Uni warnt ein Risikoforscher vor den Gefahren des Populismus und ruft die Politik zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit auf. Ortwin Renn heißt der Professor unter anderem für Risikomanagement und -kommunikation vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) am Helmholtz Zentrum Potsdam. Er spricht bei der 25. Ausgabe der von TUM Campus Heilbronn, Heilbronner Stimme und Dieter Schwarz Stiftung gemeinschaftlich organisierten Veranstaltung über „Die Psychologie des Risikos“. Risiko ist nicht gleich Risiko – das lernen die Zuhörer bei der von Heilbronner Stimme-Redakteur Tobias Wieland moderierten Veranstaltung auf dem Heilbronner Bildungscampus schnell. Zunächst gibt es Unterschiede zwischen reichen und ärmeren Ländern: Während in reichen Staaten Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel und eine unausgewogene Ernährung längst zu den größten Risikofaktoren geworden sind, stellen in Staaten mit niedrigem Einkommen Infektionen, Unterernährung und Arbeitsunfälle nach wie vor große Bedrohungen dar.
Drohende und schleichende Gefahren
Risiken unterscheiden sich nicht nur nach Ländern, sondern auch nach der Art ihres Auftretens. Da gibt es die drohende Gefahr, etwa in Form eines Atomkraftwerkes: Dieses birgt ein hohes Katastrophenpotenzial in sich – aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass der GAU eintritt. Es gibt schleichende Gefahren, also nicht wahrnehmbare, langsame, aber trotzdem bedrohliche Veränderungen des Klimas oder der Umwelt. Es existieren verdrängte Gefahren in Form einer ständigen Bedrohung, die irgendwann nicht mehr wahrgenommen wird – wie das Risiko einer Flutkatastrophe in Regionen mit häufigen Hochwassern. Und es gibt eingebildete Gefahren, die eigentlich gar nicht existieren, aber von bestimmten Akteuren immer wieder als Bedrohung dargestellt werden.
Menschen nehmen Risiken also unterschiedlich wahr und reagieren verschieden darauf. Renn unterscheidet hier drei Typen: Der erste Typ neigt generell dazu, anderen Personen zu vertrauen. Der zweite Typ dagegen glaubt niemandem, versucht, jedes Risiko zu vermeiden und am Status Quo festzuhalten – eine Denkweise, die sich rechtsextreme Parteien zu Nutzen machen. Der dritte Typ wiederum möchte sich ein Urteil anhand bestimmter – oft oberflächlicher – Merkmale der beteiligten Akteure bilden. Generell werden manche Risiken – wie die Folgen eines ungesunden Lebenswandels – verdrängt, andere über- oder unterschätzt. Zu den überschätzten Risiken gehören etwa künstliche Zusätze in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten, Kriminalität oder Arbeitsunfälle. Dagegen werden die Gefahren, die von Mikroorganismen, politischen Verwerfungen und verschieden miteinander verzahnten Krisen ausgehen, oft unterschätzt.
Komplex und konfliktträchtig
Letztere, die sogenannten systemischen Risiken, rückt Renn in den Fokus: Sie zeichnen sich durch ihre hohe Komplexität aus, machen vor Grenzen zwischen Ländern oder Fachgebieten
nicht Halt und lösen Unsicherheit und Konflikte aus. Beispiele sind ökologische Gefahren wie der Klimawandel und der Rückgang der Biodiversität, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedrohungen wie Korruption, politische Polarisierung und wiederaufkeimender Imperialismus, sowie soziokulturelle Modernisierungsrisiken wie zunehmende soziale Ungleichheit oder die Bedrohung kultureller Identitäten.
Was aber sind Lösungen für diese gewaltigen Herausforderungen? Es müssten weniger Ressourcen verbraucht und die Ziele Effektivität, Effizienz, Resilienz und soziale Gerechtigkeit unter einen Hut gebracht werden, fordert Renn und erklärt: „Diese Zielkonflikte können wir nur lösen, wenn die verschiedenen Ministerien miteinander eine Lösung finden, die für niemanden optimal, aber für alle die Beste ist.“ Genau daran sei die Ampelkoalition gescheitert. Nicht zuletzt müsse man sich bewusst werden, dass Lebensqualität auch von kultureller Identität und der Mitgestaltung von Politik, Umwelt und Zukunft abhängt.
Vom Stammtisch zum Runden Tisch
Konkret bedeute das: Es müssten Formate geschaffen werden, um die Menschen über Wahrscheinlichkeitsrechnung aufzuklären, damit sie besser verstehen: „Nichts ist nur schwarz und weiß, gut oder schlecht, wahr oder falsch.“ Lernforen müssten eingerichtet werden, die es den Menschen ermöglichen, mit Unsicherheit und Konflikten produktiv umzugehen. Und vielleicht am wichtigsten: „Wir brauchen eine Politik- und Gesellschaftsberatung, die uns allen die Möglichkeit gibt, unsere Umwelt mitzugestalten. Wir müssen es schaffen, vom Stammtisch zum Runden Tisch zu kommen.“ Gerade mit solchen Formaten hat Renn gute Erfahrungen gemacht: „Wenn Menschen die Gelegenheit bekommen, an den Planungen der Umwelt teilzunehmen, ändern sie oft ihr Verhalten und versuchen, konstruktive Lösungen zu erarbeiten.“ Zur Aufzeichnung der Veranstaltung geht es hier. Bei der Bürger-Uni tritt als nächstes am 19. März 2025 Prof. Simone Linke auf. Sie referiert über "Die grüne Stadt der Zukunft".
Alena Buyx, Professorin für Ethik in Medizin und Gesundheitstechnologie an der Technischen Universität München (TUM), hielt im Rahmen der Bürger-Uni einen Vortrag mit dem Titel „Horror oder Heilsbringer? Medizinethische Überlegungen zur KI“. Sie betonte, dass die Diskussion um Künstliche Intelligenz (KI) oft hysterisch sei und zwischen Extremen schwanke: „Die einen sagen: KI ist das Beste und wird alles für uns tun... Die anderen sagen, es ist die größte Bedrohung für die Menschheit.“ Ihrer Meinung nach ist KI „eine echte Dual-Use-Technologie, wie die Atomkraft. Sie ermöglicht fantastische Dinge und hat gleichzeitig ein zerstörerisches Potenzial.“
Buyx erklärte, dass KI weder ein Bewusstsein entwickeln noch die menschliche Intelligenz übertreffen oder moralisch verantwortlich handeln könne: „Es werden Maschinen bleiben. Unsere Intelligenz ist viel mehr als Datenverarbeitung.“ Zudem müsse der Einsatz von KI die menschliche Entfaltung erweitern und dürfe den Menschen nicht ersetzen.
Anhand von vier Anwendungsbereichen – Medizin, Bildung, Verwaltung und öffentliche Diskussion – zeigte Buyx sowohl Chancen als auch Risiken der KI auf. In der Medizin könne KI etwa bei der Medikamentenentwicklung oder der Diagnose erhebliche Fortschritte bringen: „Früher dauerte es Jahre... Heute geht das in sechs Stunden.“ Sie warnte jedoch davor, blind zu vertrauen, und betonte die Notwendigkeit fairer Datensätze.
In der Bildung sprach Buyx über intelligente Tutor Systeme, die personalisiert auf Kinder eingehen können, und kritisierte die invasive Überwachung in asiatischen Klassenzimmern. Im Bereich Verwaltung sieht sie noch viel Potenzial für KI-Anwendungen, die lebenswichtige Entscheidungen unterstützen könnten.
Buyx forderte Transparenz und eine Kennzeichnungspflicht für KI, lehnte Verbote jedoch ab: „Die Technologie an sich ist weder gut noch schlecht.“ Sie betonte die Wichtigkeit globaler Mindeststandards und die Verantwortung des Menschen, diese Technologie ethisch zu nutzen: „Die letzte Verantwortung müsse beim Menschen liegen.“
Die nächste Bürger-Uni ist am 7. November. Der Experte des Abends Prof. Ortwin Renn spricht über „Die Psychologie des Risikos: Wie Menschen mit Unsicherheiten umgehen“.
Als angehende Astronautin steht Dr. Insa Thiele-Eich vor der Erfüllung ihres Lebenstraums. Wie sie so weit kam, verrät die Wissenschaftlerin bei der Heilbronner Bürger-Uni.
Der blasse Lichtfleck unter dem markanten „Himmels-W“ fiel kaum ins Auge. Wenig beeindruckt war die kleine Insa von der unspektakulären Erscheinung am Nachthimmel. Erst als ihr Vater erklärte, dass das Licht der Andromeda-Galaxie zwei Millionen Jahre zur Erde unterwegs ist, hatte es die damals acht Jahre alte Insa Thiele-Eich gepackt. Sie stellte sich vor, dass just in diesem Moment ein Kind in der fernen Galaxie seinen Blick zur Erde richtete: „Wir würden uns sehen, ohne uns jemals kennenlernen zu können. Das hat mich umgehauen.“
So erinnert sich Dr. Insa Thiele-Eich, Meteorologin, promovierte Klimaforscherin und angehende Astronautin, bei der 23. Bürger-Uni des TUM Campus Heilbronn in Kooperation mit der Heilbronner Stimme und der Dieter Schwarz Stiftung an den Schlüsselmoment, in dem sie sich mit dem Weltraumfieber infizierte. Doch auch für die Tochter des Raumfahrers Gerhard Thiele gilt: Dieser Weg wird kein leichter sein. Denn bis heute haben Frauen in der Raumfahrt mit erheblichen Vorurteilen zu kämpfen. Noch dazu stand Insa Thiele-Eich vor drei schier unüberwindbaren Herausforderungen: Mit 1,60 Metern Körpergröße lag sie fünf Zentimeter unter der früher vorgeschriebenen Mindestgröße für Raumfahrende. Als Deutsche durfte sie sich nur bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), nicht aber bei der NASA bewerben. Und sie war Vegetarierin – damals streng verboten für Astronautinnen und Astronauten.
Knochenhartes Training
Also studierte Thiele-Eich Meteorologie und erlebte, wie sich die Probleme oft von selbst lösen: Die Mindestkörpergröße wurde auf 1,53 Meter herabgesetzt, das Verbot vegetarischer Ernährung aufgehoben. Nun blieb noch die dritte Herausforderung: 2008 erfüllte sie noch nicht alle Bewerbungskriterien der ESA, die folgende Auswahlrunde würde erst 2021 stattfinden. Sollte Insa Thiele-Eich so lange warten, um sich ihren Lebenstraum zu erfüllen?
Tatsächlich ging noch fast ein Jahrzehnt ins Land, bis die Wissenschaftlerin ihrem Traum plötzlich einen bedeutenden Schritt näherkam: 2017 wurde die Stiftung "Die Astronautin" gegründet. Ihr Ziel: erstmals eine deutsche Frau ins All zu bringen. Diese soll an Bord einer Space X-Kapsel zur Internationalen Raumstation fliegen und dort eine 14-tägige Forschungsmission durchführen. Zwei Frauen haben das nervenaufreibende Auswahlverfahren überstanden: Suzanna Randall, die ebenfalls vor kurzem als Gastrednerin am TUM Campus Heilbronn auftrat, und Insa Thiele-Eich. Damit begann die eigentliche Arbeit, denn das dreistufige Vorbereitungstraining hatte es in sich. Es umfasste unter anderem Parabelflüge, die das Gefühl der Schwerelosigkeit erlebbar machen, ein Zentrifugentraining, das die erhöhte Schwerkraft beim Raketenstart simuliert, eine Mond-Analog-Simulation, bei der im Raumanzug unter Wasser bestimmte Aufgaben verrichtet werden müssen, und ein Höhlentraining in völliger Abgeschiedenheit bei einer Umgebungstemperatur von neun Grad.
Auswirkungen auf den weiblichen Körper
Noch gibt es einige Hürden zu überwinden: Die Finanzierung der Mission ist keineswegs gesichert. Insa Thiele-Eich beklagt hier die mangelnde Unterstützung durch die Politik. Und selbst wenn die Mission zustande kommt, ist es möglich, dass nicht sie, sondern Suzanna Randall als erste deutsche Frau im All ausgewählt wird. Thiele-Eich würde das sportlich nehmen: „Dann bin ich eben die Zweite.“ Den negativen Effekt ihres möglichen Raumflugs auf das Klima versucht sie zu kompensieren, indem sie regelmäßig auf den Klimawandel aufmerksam macht. Außerdem würde ihre Mission auf pflanzlicher Ernährung basieren. Auch ihrem zweiten Herzensthema, der Förderung von Frauen in der Raumfahrt, wird Rechnung getragen: Auf der Mission sollen die Auswirkungen eines Raumflugs auf den weiblichen Körper erforscht werden.
Was aber bleibt von dem achtjährigen Mädchen, das einst die Faszination des Alls für sich entdeckt hat? Die unstillbare Neugier, sagt Insa Thiele-Eich. „Ich werde vielleicht nie herausfinden, ob es irgendwo in unserem Universum andere Kinder gibt, die gleichzeitig mit mir in den Nachthimmel schauen. Aber ich weiß, dass es jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt, wenn man neugierig bleibt.“
Neues zu entdecken gibt es auch bei der nächsten Heilbronner Bürger-Uni, bei der am 13. Juni 2024 Prof. Alena Buyx von der TUM School of Medicine and Health zum Thema "Medizinethik – Ethische Fragen im Krankenhaus, in der Forschung und der Politik" sprechen wird.
Lars Steinmetz, Professor für Genetik an der Stanford University, auf dem Podium der Heilbronner Bürger-Uni
Wie wäre es, wenn wir gefährliche Veränderungen am Erbgut entdecken könnten, bevor wir krank werden? Wenn wir sie gleich an der Ursache, den Genen, heilen könnten? Oder wenn wir sofort erkennen, wenn unsere Blutwerte in einen kritischen Bereich geraten?
Vieles davon ist heute bereits möglich, sagte Professor Lars Steinmetz bei der Heilbronner Bürger-Uni am Bildungscampus. Drei Technologien, die Krankheiten verhindern könnten, stellt der Professor für Genetik an der Stanford University bei der Veranstaltung des TUM Campus Heilbronn in Kooperation mit der Heilbronner Stimme und der Dieter Schwarz Stiftung vor.
Die Genom-Sequenzierung ermöglicht es, das menschliche Erbgut, das sogenannte Genom, zu entschlüsseln, um Risikovarianten der Gene zu erkennen. Heute wird sie etwa bei der Diagnose monogenetischer Krankheiten, in der forensischen Analyse oder in der Krebsmedizin angewandt.
Die zweite Technologie, die sogenannte Genschere, ermöglicht es, bestimmte Stellen der DNA auszuschneiden und durch eine gesunde Sequenz zu ersetzen. So können bisher unheilbare Krankheiten behandelt werden. Eine gezielte Therapie an der direkten Ursache wird möglich und damit eine dauerhafte Heilung.
Schon vorher eingreifen könnte die Biosensorik. Dabei werden Sensoren unter die Haut implantiert, die bestimmte Blutwerte messen und an ein Smartphone senden. So können gefährliche Abweichungen frühzeitig erkannt werden. „Wir werden in Zukunft sicher viele Sensoren an, in und um unseren Körper tragen“, prophezeit Steinmetz.
Warum driftet unsere Gesellschaft auseinander? Dieser Frage widmete sich https://www.ulrichschnabel.de/de/Ulrich Schnabel, Wirtschaftsredakteur der Zeit, im Rahmen der letzten Bürger-Uni. In einer gut gefüllten Aula auf dem Heilbronner Bildungscampus zeigte er auf, wie Eigen- und Fremdwahrnehmung ihren Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft leisten, denn „Egoisten sind immer die andern, nie wir selbst“. Lösung aussichtslos? Nein, mit Hilfe von Statistiken appellierte der Experte an den Mut zu rücksichtsvollem Umgang und zur Freundlichkeit. Jeder Einzelne beeinflusst einen größeren sozialen Kreis als wir ahnen. So kann eine gute Tat bis zu einer Millionen Menschen direkt und indirekt zu dem gleichen Handeln motivieren. Ulrich Schnabel hat Hoffnung für eine Rückkehr des Miteinanders und jeder einzelne Besucher dieser Veranstaltung nun vermutlich auch. Die nächste Bürger-Uni mit dem Thema „Gesund bleiben: Wie moderne Technologien und Forschung Krankheiten verhindern“ findet am 9. November statt. Die Aula öffnet ab 18 Uhr, Veranstaltungsbeginn ist 18.30 Uhr. Der Referent an diesem Abend ist Genetik-Professor Lars Steinmetz von der Stanford University School of Medicine.