Mit Datenwissenschaften und Analytik für ein robusteres Gesundheitswesen
Unser Gesundheitssystem ist auf ein exponentiell wachsendes Krankheitsgeschehen nicht gut vorbereitet. Am TUM Campus Heilbronn forscht Prof. Jingui Xie, wie Krankenhäuser Ressourcen und Kapazitäten besser planen und zuweisen können.
Die Gesundheitsämter befanden sich während der Pandemie mitunter in einer schwierigen Situation, um mit der Erfassung der Infektionsmeldungen Schritt zu halten. Die dynamische Entwicklung der Pandemie brachte das Gesundheitssystem sogar punktuell an den Rand des Kollapses. Herkömmliche Modelle des maschinellen Lernens liefern selten verlässliche Vorhersagen oder Schätzungen von Nachfrageschwankungen und reichen daher für eine bedarfsgerechte Planung nicht aus.
Durch die verbesserte Verwaltung medizinischer Ressourcen können diese Modelle erhebliche Vorteile für Patientinnen, Patienten, Pflegekräfte und die Wirtschaft insgesamt bieten.
Genau hier setzt Prof. Jingui Xie an. Am TUM Campus Heilbronn forscht er daran, wie das Gesundheitswesen von Datenanalysen, Vorhersagemodellen für maschinelles Lernen und datengesteuerten Optimierungsmethoden profitieren kann, um es robuster zu machen.
„Krankenhäuser können Daten und Vorhersagemodelle nutzen, um die Anzahl der eintreffenden Patientinnen und Patienten abzuschätzen, den Personalbestand durch abteilungsübergreifende Schulungen und flexible Zeitpläne zu optimieren und Ressourcen basierend auf den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten zuzuweisen“, erklärt er. Krankenhäuser könnten also künftig einen digitalen Zwilling für ihre Kapazitätsplanung einsetzen, der auch begrenzte Ressourcen optimal zu nutzen weiß.
Um den Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Landesgrenzen hinaus weiter anzuregen, hielt Prof. Xie einen zweitägigen Workshop am Zentrum für digitale Transformation. 20 Teilnehmende international renommierter Universitäten wie der University of Cambridge, der London Business School, der Rotterdam School of Management, der Universität Zürich und der École des Mines de Saint-Étienne kamen auf den TUM Campus Heilbronn. Sie tauschten sich aus, wie etwa mithilfe von Echtzeit-Prognosen Covid-19-Patientinnen und -Patienten ideal auf verschiedene Krankenhäuser verteilt werden können oder wie Behandlungen so zugewiesen werden, dass Kapazitäten optimal genutzt werden und die Wartezeit akzeptabel bleibt.
Prof. Nadia Lahrichi von der Polytechnique Montréal stellte einen neuen Ansatz vor, wie Bettennutzung und Patientenauswahl in die chirurgische Gesamtplanung im Operationssaal (OP) integriert werden können. Ausgangspunkt ist die Auswahl von Patientinnen und Patienten, die für einen bestimmten Zeitraum auf der OP-Liste stehen sollen, und die Zuweisung eines Tages, eines OP-Saals und eines Zeitblocks für jedes Fachgebiet.
Auch über die Herausforderungen, die Gesundheitsanalysen mit Big Data mit sich bringen – etwa Datenqualität, Datenschutzbedenken, Interpretierbarkeit sowie ethische Erwägungen – diskutierten die Teilnehmenden.
Forschende aus aller Welt, ein Thema: das Gesundheitswesen gegen Krisen wappnen.
„Durch die verbesserte Verwaltung medizinischer Ressourcen können diese Modelle erhebliche Vorteile für Patientinnen, Patienten, Pflegekräfte und die Wirtschaft insgesamt bieten“, bringt es Prof. Xie auf den Punkt. Und sie sind auf andere Branchen übertragbar.