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Eine Illustration, die eine Fitnessuhr am Handgelenk zeigt.

Laufend neue Gesundheitsdaten

  • Digitale Zwillinge

Dr. Tobias Köppl ist Mathematiker im Dienste der Gesundheit. Mithilfe von Methoden des Wissenschaftlichen Rechnens unterstützt er die Entwicklung neuer medizinischer und biotechnologischer Verfahren in der Individualmedizin. Seine numerischen Modelle des Herz-Kreislaufsystems helfen beispielsweise, Bewegungstherapien zu verbessern. Ein Projekt, bei dem er unter anderem mit dem Ultramarathonläufer Jürgen Mennel aus Neckarsulm zusammenarbeitet.

Vorstufe des digitalen Zwillings

Dr. Tobias Köppl übersetzt medizinische Daten in digitale Simulationen.

 

 

Und eine solche Therapie ist umso erfolgreicher, je genauer sie auf die Patientin oder den Patienten zugeschnitten ist. Wie warm soll das Wasser sein, in dem ein Patient schwimmt? Wie lange und intensiv sollte die Trainingsphase für die Patientin auf dem Laufband ausfallen? Solche Fragen soll die „Digitale Laufbandplattform“ bald individuell beantworten können. Neben der Simulation des Blutstroms können beispielsweise auch Muskelbewegungen dargestellt werden. „Man kann das bereits als eine Vorstufe zu einem digitalen Zwilling für jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten ansehen“, sagt Dr. Köppl.

Eine aussagekräftige Strömungssimulation basiert auf zahlreichen Parametern wie der Länge der Gefäße, der Dicke und Dehnbarkeit der Gefäßwände. Einige davon, wie die Dehnbarkeit, sind nur schwer zu ermitteln und werden daher mithilfe komplexer Verfahren aus den Datenwissenschaften geschätzt. Um die Länge oder den Durchmesser zu ermitteln, muss das jeweilige Gefäß aus Bilddaten mit aufwendigen Verfahren rekonstruiert werden.

 

Für die „Digitale Laufbandplattform“ arbeitete Dr. Köppl mit vereinfachten Strömungsmodellen, um die Verteilung des Blutvolumens im Körper zu ermitteln. „Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, die Rechenzeit zur Ermittlung des Ergebnisses erheblich herabzusetzen, ohne die Genauigkeit der Zielgrößen wesentlich zu beeinträchtigen“, erläutert er.

 

So kann beispielsweise ermittelt werden, welchen Effekt eine Therapie auf die Blutversorgung der Leber hat. Ein wichtiger Parameter – vor allem für Patientinnen und Patienten mit einer Fettleber, welche durch Übergewicht und falsche Ernährung, aber auch infolge einer Diabeteserkrankung entstehen kann. „Ein Weg, um dies zu verhindern, besteht darin, die Durchblutung der Leber zu verbessern“, sagt Dr. Köppl. Dabei kann eine Bewegungstherapie helfen.

Gesellschaftlicher Nutzen

Der Mathematiker geht davon aus, dass in den kommenden Jahren immer größere Teile des menschlichen Organismus durch Computermodelle dargestellt werden können. Vom Netzwerk der Blutgefäße bis zu einem numerischen Modell des Herzens. Techniken des maschinellen Lernens helfen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei, die riesigen Datenmengen zu verarbeiten und nutzbar zu machen. In Zukunft könnten diese Verfahren durch den Einsatz von Quantencomputern noch weiter beschleunigt werden.

 

Mit Blick auf die Präventiv-, aber auch die Akutmedizin kann von dieser Entwicklung jede Patientin, jeder Patient profitieren. „Eine Auswertung der medizinischen Daten von Patientinnen und Patienten durch Methoden der Datenwissenschaften wie zum Beispiel neuronalen Netzen ermöglicht es, dass Risikofaktoren und deren Kombinationen für die Gesundheit, wie Übergewicht, erhöhter Blutzucker oder Blutdruck, automatisiert ermittelt werden können“, sagt Dr. Köppl. „Abhängig von der Menge der Daten kann eine erste Diagnose schneller erarbeitet werden, als dies ein Mensch tun könnte.“ Eine Reduzierung der Diagnose- und Behandlungszeit könne zu einer wichtigen Entlastung des Gesundheitswesens führen.

 

Er gibt jedoch zu bedenken: „Die Speicherung von Daten, die Aufschluss über den Gesundheitszustand geben können, muss strengen Datenschutzbestimmungen genügen.“ Erhielten zum Beispiel Versicherungen Zugriff darauf, ließen sich Patientinnen und Patienten gegebenenfalls einer Risikogruppe zuordnen, was zu einer Erhöhung von Versicherungsbeiträgen führen könne. Der Umgang mit den sensiblen Patientendaten habe somit oberste Priorität.

Eine Illustration, die eine Fitnessuhr am Handgelenk zeigt.