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Apps, Apple und der App Store

  • Aus der Forschung

Von Spielen über Fitness-Tracker bis hin zu Streaming-Diensten: Im App Store gibt es für fast alles die passende App. Doch wie entscheidet Apple, was auf die Plattform darf und was nicht? Prof. Jens Förderer und Doktorandin Michaela Lindenmayr sind dem auf den Grund gegangen.

„But there is one more thing“ – mit diesem beinahe magischen Satz kündigte Apple-Gründer Steve Jobs im Jahr 2007 das erste iPhone an. Damit schaffte das kalifornische Unternehmen ein Produkt, das nicht nur zum Megaseller wurde, sondern eine ganze Branche revolutionierte. Das Erfolgsrezept: ein gut funktionierendes Touch-Display und ein intuitives Bediensystem, das auf mobiler Anwendungssoftware – kurz: Apps – basiert. 

 

Apple hat Apps zwar nicht erfunden, aber etabliert. Heute setzt der Technologiekonzern zu 99,99 Prozent auf externe Entwicklerinnen und Entwickler. Im Endeffekt heißt das: Apple öffnet Tür und Tor für Innovation, Ideen und Geschäftsmodelle, muss dafür aber als strenger Gatekeeper agieren, um die Qualität im App Store hochzuhalten. Wie dieser Spagat gelingt, haben Prof. Förderer und Michaela Lindenmayr vom Lehrstuhl für Innovation & Digitalisierung am TUM Campus Heilbronn analysiert und daraus Handlungsempfehlungen für andere Plattformbetreiber abgeleitet. Wir fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Jens Förderer hat die Professur für Innovation und Digitalisierung am Campus Heilbronn inne.

Qualität, Quantität und Netzwerkeffekte

Apple iOS ist hinter Android die weltweit zweitgrößte Plattform für Anwendungssoftware. Mit mehr als zwei Millionen Programmen deckt der App Store ein sehr breites und differenziertes Angebot ab. Dabei macht sich Apple Netzwerkeffekte zunutze: Die Vielzahl bereitgestellter Apps stellt einen Anreiz für Konsumentinnen und Konsumenten dar. Das wiederum macht es für Entwickler attraktiv, ihre Inhalte bereitzustellen. Beide Seiten profitieren.

 

Ergo: Je mehr Apps, desto besser? Ja und nein. Denn auch die Qualität muss stimmen. Nehmen schlechte Apps überhand, verschwimmt für Nutzerinnen und Nutzer die Grenze zwischen qualitativ hoch- und minderwertigen Inhalten. Für Anbieter lohnt es sich dann nicht mehr, in gute Qualität zu investieren. Die Folge: Der Markt versagt und die Plattform scheitert

Best Practice: Was Plattformbetreiber von Apple lernen können

Um die Qualität zu sichern, hat Apple eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Der sogenannte Code of Conduct legt die geforderten Rahmenbedingungen für App-Entwicklerinnen und -Entwickler fest, die ihre Produkte über den App-Store vertreiben wollen. Ein stetiger App-Review-Prozess stellt sicher, dass externe Apps die Anforderungen erfüllen. Anhand automatischer Filter und manueller Inspektionen überprüft Apple regelmäßig, ob die Vorgaben eingehalten werden. Im Falle eines Verstoßes – wie zum Beispiel der unerlaubten Nutzung von Kundendaten oder eines minderwertigen Layouts – werden Maßnahmen eingeleitet. 

 

Konkret heißt das: Die infrage stehende App wird bis auf Weiteres nicht im App Store veröffentlicht. Entwickelnde haben dann die Chance, den Mangel zu beseitigen und die App erneut für den Review-Prozess einzureichen. Im Fall einer Grauzone bezieht Apple das Executive Review Board mit ein. Besteht weiterhin Klärungsbedarf, kommuniziert das Unternehmen mit den Anbieterinnen und Anbietern direkt. Bei rechtswidrigen Verstößen – beispielsweise bei pornografischen oder gewaltverherrlichenden Inhalten – folgt eine Anzeige.

 

Der digitale Wandel und der Fortschritt von Technologien zwingen Plattformbetreiber, ihre Kontrollsysteme regelmäßig auf Anwendbarkeit und Aktualität zu prüfen. Die Ergebnisse von Förderer und Lindenmayr zeigen: Es zahlt sich aus, dabei externe Anbieterfirmen einzubeziehen und das Regelwerk mit ihnen abzustimmen. Denn nach dem Apple-Vorbild steigt so die Akzeptanz der Aktualisierungen. Der Vorreiter nutzt dafür Programme und Veranstaltungen und stellt Neuerungen im Rahmen jährlicher Tagungen vor. 

Michaela Lindenmayr ist Doktorandin am Lehrstuhl für Innovation & Digitalisierung am TUM Campus Heilbronn.

 

 

„Solche Maßnahmen halten den kalifornischen Tech-Giganten an der Spitze“, glaubt Jens Förderer. Denn dass das App-Angebot maßgeblich über den Erfolg einer Plattform entscheidet, haben in der Vergangenheit Palm (später HP), RIM und Microsoft durch ihr Scheitern bewiesen. Wird eine Applikation ausgeschlossen, braucht es Alternativen. Stimmt das Angebot für Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr, kann das dazu führen, dass sie der Marke den Rücken kehren. Der Weg zum Konkurrenzprodukt von Samsung & Co. ist dann nicht mehr weit, und jegliche Netzwerkeffekte gehen verloren. Ein breites und differenziertes Angebot – wie im Fall von Apple – reduziert Abhängigkeiten von einzelnen Apps und Entwicklern.

 

Die Analyse von Prof. Jens Förderer und Michaela Lindenmayr zeigt: Zur Erfolgsgeschichte von Apple gehört weit mehr als ein stylisches Gerät, eine hippe Marke und ein einfaches Bediensystem. Lückenloses Qualitätsmanagement, Vernetzungsformate und die stetige Zusammenarbeit mit der App-Community haben einen gewichtigen Anteil am internationalen Erfolg und Ansehen der wahrscheinlich wertvollsten Marke der Welt.

Fünf Schritte zum Plattform-Erfolg nach dem App-Store-Modell:


1. Ein transparentes und strukturiertes Regelwerk

2. Kontrolle der Einhaltung nach klaren Richtlinien

3. Fest definierte Maßnahmen bei Nichteinhaltung der Qualitätskriterien

4. Vermeidung von Abhängigkeiten durch Angebotsvielfalt

5. Prüfung des Kontrollsystems auf Anwendbarkeit und Aktualität